Fliegerschicksale über Lumda, Lahn und Ohm
  Bracht, 25. Dezember 1944
 
 

Bracht, Montag, 25. Dezember 1944, 1. Weihnachtsfeiertag
 

Nicht in den Akten des Hessischen Staatsarchivs, sondern durch private Recherchen stießen wir auf Informationen zur Bruchlandung eines deutschen Jagdflugzeugs auf dem Flugplatz Bracht.

Zunächst war nur bekannt, daß Leutnant Siegfried Müller, Staffelkapitän der 16./Jagdgeschwader 3 „Udet”, seinen schwer gepanzerten Sturmjäger vom Typ Focke Wulf Fw 190 A-8/R2, nach einem Einsatz im Raum Lüttich, bei Bracht auf den Bauch warf.
Die Maschine, die die Kennung „Rote 15” trug, soll dabei total zerstört worden sein.

In den Ardennen hatte sich die am 17. Dezember 1944 begonnene deutsche Offensive mit dem Namen „Wacht am Rhein”, die sogenannte „Ardennenoffensive”, am langsam sich steigernden Widerstand der westlichen Alliierten festgerannt. Da das Wetter auch ständig besser wurde, konnte die Briten und Amerikaner immer mehr ihre Flugzeuge zur Unterstützung der Bodentruppen einsetzen. An diesem Tag flogen etwa 422 fliegende Festungen B-17 unter Begleitschutz von etwa 450 P-51 „Mustang” Einsätze gegen Verkehrsziele im deutschen Hinterland der Ardennen. Zum Einsatz gegen die Bomberformationen starteten neben anderen Einheiten auch die auf dem Fliegerhorst Gütersloh liegenden Sturmjäger der IV. Gruppe des „Udetgeschwaders” unter Führung von Hauptmann Hubert-York Weydenhammer mit nur noch insgesamt 20 einsatzbereiten Maschinen. Mindestens neun Maschinen kamen von dem Abwehreinsatz nicht mehr zurück. Hauptmann Weydenhammer fiel im Luftkampf im Raum Lüttich/St. Vith. In der gleichen Gegend werden noch heute Uffz. Kurt Wagner und Uffz. Heinz Gaspers von der 14./JG 3 und Fw. Johann Clässen von der 15./JG 3 vermißt. Ofhr. Karl Vaitl von der 16./JG 3 fällt ebenfalls im genannten Kampfraum. Nahe Eupen gerät Lt. Henner Mebesius von der 13. Staffel nach Fallschirmabsprung in Kriegsgefangenschaft. Das gleiche Schicksal trifft auch Fähnrich Rudolf Sommer, der nach diesen Luftkämpfen in alliierte Gefangenschaft gerät. An einem uns noch unbekannten Ort geht ein weiterer Sturmjäger zu Boden. Der Flugzeugführer aber hatte Glück und konnte unverletzt zu seiner Einheit zurückkehren. Der achte und letzte Verlust dieser Einheit an diesem Tag war schließlich die Fw 190 A-8/R2 von Lt. Müller auf dem Einsatzhafen I. Ordnung, Bracht.

(Leutnant Siegfried Müller im Jahr 1944.) (Foto: Siegfried Müller)

 

Wir konnten recherchieren, daß Lt. Siegfried Müller und die anderen Flugzeugführer der IV./JG 3 im Raum Namur einen B-24 „Liberator”-Pulk angegriffen hatten, als sie plötzlich von amerikanischen Jagdflugzeugen angegriffen wurden. Der Staffelkapitän flog seine schwer getroffene Maschine zurück in Richtung Osten. Bei Bracht schließlich mußte er um etwa 13.00 Uhr zu Boden. Die auf dem Bauch gelandete Maschine rutschte weit über den schneebedeckten Platz und blieb erst unmittelbar vor der Küchenbaracke liegen. Unverletzt entstieg Lt. Müller dort seiner total zerstörten Maschine.

Siegfried Müller war mit 17 Luftsiegen eines der wenigen Asse der deutschen Luftwaffe, die den 2. Weltkrieg überlebten. Unter seine Luftsiege fielen neben den schweren B-24 und B-17 Bombern der Amerikaner auch zweimotorige B-26 und ein britische Jagdbomber vom Typ Typhoon. Die letzten Kriegseinsätze vor Kriegsende flog er noch im Osten, wo ihm bis in den März 1945 hinein, noch Luftsiege über Il 2, P-39 und Jak 3 gelangen.


(Lt. Siegfried Müller)(Foto Walter Hagenah via Horst Jeckel)

Der am 13. März 1924 in Wilkau geborenen spätere Flugzeugführer begann seine Karriere 1941 in der Luftkriegsschule 1 in Dresden. Später kam er zur Jagdfliegerschule Zerbst und beendete seine Ausbildung bei der Ergänzungs-Jagdgruppe Süd. Zunächst flog er eine kurze Zeit beim Jagdgeschwader 51, bevor er zur Sturmstaffel 1 unter Hptm. von Kornatzki wechselte. Als die Sturmstaffel 1 aufgelöst wurde, wurde diese Einheit zur 11. Staffel des Jagdgeschwaders 3. Ab Dezember 1944 bis zur Auflösung dieser Einheit am 10.03.1945 war er Staffelkapitän der 16. Staffel, und in dieser Zeit wurde ihm das Deutsche Kreuz in Gold verliehen. Bis zum Schluß des Krieges flog er noch im ersten Düsenjagdgeschwader, dem Jagdgeschwader 7, die berühmte Messerschmitt Me 262, mit welcher er aber keinen weiteren Luftsieg mehr errang. 


 

Bruchlandung eines einmotorigen deutschen Jagdflugzeugs
 

Ort:      Bracht, Auf dem Gelände des ehemaligen Einsatzhorst der Luftwaffe

Datum:      25. Dezember 1944

Uhrzeit:      ca. 13.00 Uhr

Flugzeugtyp:      Focke Wulf Fw 190 A-8/R2

Werknummer:

Kennung:      „Rote 15”

Motor:      1 luftgekühlter Vierzehnylinder-Doppelsternmotor BMW 801

 Einheit:      16. Staffel / Jagdgeschwader 3 „Udet”

Startflughafen:      Gütersloh

Flugzeugführer:      Leutnant Siegfried Müller

Erkennungsmarke:

Geburtsdatum:      13. März 1924

Geburtsort:      Wilkau

Verbleib:      Unverletzt bei Bruchlandung.

Ursache d. Bruchlandung:      Vorangegangener Luftkampf mit P-51 und B-24

 


 
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