Kirchhain, Freitag, 28. April 1944
Nicht einmal eine ganze Woche später stürzte bei Kirchhain ein deutsches Nachtjagdflugzeug ab. Der zweimotorige Nachtjäger wurde von seiner Besatzung aufgegeben und schlug unweit der Fortmühle auf einem Acker auf.
Lange Zeit schon bereiten uns die Nachforschungen zu diesem Absturz Kopfzerbrechen.
Auch heute ist noch nicht geklärt, wer in dieser Maschine saß.
In der ersten Meldung, noch vom 28. April 1944, schrieb ein Hauptwachtmeister der Schutzpolizei:
„In der Nacht zum 28. April ds. Js. gegen 2.30 Uhr stürzte ein zweimotoriges Flugzeug (Nachtjäger) auf dem Ackergrundstück des Landwirts Konrad Debelius in der Nähe der Fortmühle brennend ab. Die dreiköpfige Besatzung des Flugzeugs war vorher abgesprungen. Das Flugzeug selbst wurde vollständig zertrümmert. Es handelt sich anscheinend um eine M 115. Wie später bekannt wurde, hat sich die Besatzung im Schloß Plausdorf gesammelt und soll anschließend zu ihrer Einheit nach Hamburg abgereist sein.”
Eine weitere Meldung von diesem Tag vom Landratsamt an das Luftgaukommando VI in Münster in Westfalen gibt folgende Informationen weiter:
„Betr.: Absturz eines deutschen Zerstörers bei Amöneburg.
1. Flugzeugtyp: Ju 88
2. Tag des Absturzes: 28.4.44, 2.10 Uhr
3. Absturzstelle: 1,5 km südöstlich Kirchhain in der Nähe der Fortmühle.
4. Verbleib der Besatzung: Die 3 Mann starke Besatzung konnte sich durch Fallschirmabsprung retten.”
Nun, einen deutschen Nachtjäger vom Typ M 115, wie im ersten Bericht erwähnt, hat es nicht gegeben, aber es gab die zunächst als Zerstörer gebaute Messerschmitt Bf 110 als Nachtjäger.
Meinte der Schreiber des ersten Textes mit M 115 vielleicht Me 110?.
Im zweiten Text ist aber die Rede von einem Zerstörer des Typs Junkers Ju 88. Auch dieser Flugzeugtyp, zunächst als Kampfflugzeug entwickelt, wurde im Laufe des Krieges immer mehr zu einem der deutschen Standardnachtjäger.
Einzig Datum und ungefähre Uhrzeit sowie die dreiköpfige Besatzung, die mit dem Fallschirm absprang, wurden in beiden Texten übereinstimmend erwähnt.
Aber ein in den Akten des Staatsarchivs in Marburg erhaltenes Schreiben einer in Kassel-Rothwesten stationierten Luftwaffen-Werftabteilung, datiert auf den 02. Mai 1944, an den Landrat in Marburg, half uns dann wieder weiter.
Im Text wird erwähnt, daß die Trümmer des am 28. April bei Kirchhain abgestürzten Flugzeugs vom Typ Me 110 auf dem Bahnhof in Kirchhain zu verladen und an einen Zerlegebetrieb in Essen-Katernberg zu versenden waren.
Dies wurde nicht durchgeführt, da ein weiteres Schreiben des Kirchhainer Bürgermeisters an den Landrat mitteilt:
„Die Trümmer des in der hiesigen Gemarkung in der Nacht vom 27. auf 28. April ds. Js. abgestürzten Militärflugzeuges sind inzwischen von dem Bergungs Batl. 3 Bergungs Trupp 1/3 Feldpost Nr. L 14002 Lg.Pa. Frankfurt a/M in Eschhofen bei Limburg mittels Lastwagen abgeholt worden. Der Fliegerhorst Kassel-Rothwesten ist entsprechend benachrichtigt worden.”
Nach diesen Berichten können wir heute davon ausgehen, daß die bei der Fortmühle abgestürzte deutsche Maschine ein Nachtjäger vom Typ Messerschmitt Bf 110 war. Diese Maschine hatte eine dreiköpfige Besatzung: Flugzeugführer, Bordfunker und Bordmechaniker bzw. Bordschütze.Da kein Personalverlust entstanden war, wurden auch keine Meldungen an die WASt. (Wehrmachtsauskunftstelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht), heute: Deutsche Dienststelle (WASt.) in 13440 Berlin, gemacht.
Unterlagen über die reinen Materialverluste sind gerade aus dem Jahr 1944 sehr rar, so daß man zur Zeit über die Besatzung nur Vermutungen anstellen kann.
Da die Besatzung zu ihrer Einheit nach Hamburg abgereist sein soll, könnte es sich um eine Besatzung des Nachtjagdgeschwaders 3 handeln, welches zu diesem Zeitpunkt mit Stab und III. Gruppe, ausgestattet mit Messerschmitt Bf 110 G-4 - Nachtjagdmaschinen, in Stade bei Hamburg lag.
Vom Nachtjagdgeschwader 3 sind uns zwei Verluste in dieser Nacht bekannt. Beides Me Bf 110 von der 3. Staffel.
Eine Maschine stürzte bei Eindhoven ab, die andere bei Krefeld, diese beiden Verluste sind aber nur deshalb bekannt, da bei der erstgenannten Maschine ein Besatzungsmitglied gefallen war und bei der zweiten Maschine ein Mann verwundet wurde.
Da es aber bei dem Absturz in der Nähe der Fortmühle offensichtlich keine Verletzten gab, wird dieser Absturz wohl nie vollständig aufgeklärt werden können.
Selbst ein Zeitungsbericht, der am 30. Oktober 1996 in der Oberhessischen Presse erschien, brachte keine neuen Erkenntnisse.
(Der Zeitungsbericht in der Oberhessischen Presse vom 30. Oktober 1996.)
Absturz eines zweimotorigen deutschen Nachtjägers
Ort: Kirchhain, In der Nähe der Fortmühle
Datum: 28. April 1944
Uhrzeit: ca. 02.10 Uhr
Flugzeugtyp: Messerschmitt Bf 110 G-4 ?
Werknummer:
Kennung:
Motoren: 2 flüssigkeitsgekühlte Zwölfzylinder
hängende V-Motoren Daimler Benz DB 605
Einheit: ?. Staffel/ Nachtjagdgeschwader 3 ?
Startflughafen: Stade ?
Besatzung:
Flugzeugführer:
Bordfunker:
Bordmechaniker:
Verbleib d. Besatzung: Unverletzt nach Fallschirmabsprung
Absturzursache: