Mornshausen an der Salzböde, Montag, 20. November 1944
Fast auf den Tag genau, einen Monat nach dem Absturz der Nachtjagdmaschine bei Wiera, stürzte bei Mornshausen an der Salzböde eine Messerschmitt Bf 110 G-4 der 7. Staffel des Nachtjagdgeschwaders 1 ab.
Anders als zuvor bei Wiera kam aber bei Mornshausen an der Salzböde die gesamte Besatzung ums Leben.
Die drei Besatzungsmitglieder der Nachtjagdmaschine befanden sich auf einem Überführungsflug. Noch nicht bekannt ist, ob der Flug nach Fritzlar gehen sollte oder ob die Maschine in Fritzlar gestartet war.
Vermutlich aufgrund eines Motorschadens entwickelte sich kurz nach 17.00 Uhr ein Motorbrand. Der Flugzeugführer versuchte noch eine Notlandung unweit von Mornshausen, scheiterte aber dabei an dem unebenen Gelände.
(Hans-Joachim Marmulla, der Flugzeugführer, hier noch als Gefreiter.) (Foto: Melvin Brown)
Die Maschine mit der Werknummer 180 404 und der Kennung G 9 + E R rutschte über gepflügte Äcker und Gräben hinweg und fing fast vollständig an zu brennen. Nach Berichten eines dazugeeilten Augenzeugen sollen, als die Hilfskräfte die Maschine erreichten, noch Schreie aus dem Rumpf erklungen sein. Der Versuch einer Rettung des oder der noch lebenden Besatzungsmitglieder wurde wegen der Explosionsgefahr vom anwesenden Gendarmen aber untersagt.
Nachdem die Maschine ausgebrannt war und keine Gefahr mehr für die Rettungskräfte bestand, wurden die drei toten Flieger geborgen und nach Gießen überführt. Dort wurden sie zunächst auf dem neuen Friedhof, Reihe V.e., in den Gräbern Nr. 87 bis 89 beigesetzt.
Bei einem Besuch auf dem Friedhof fanden wir nur noch das Grab des Bordschützen.
Der Gefreite Franz Baum, geboren am 14.07.1924 in Oberlindewiese im damaligen Sudetenland, hat seine letzte Ruhestätte auf dem Ehrenteil des Neuen Friedhofes in Gießen behalten. Über die Kriegsgräberfürsorge in Kassel und mit Hilfe der vielen freundlichen Mitarbeitern dort, konnten wir aber auch den Verbleib der anderen beiden Besatzungsmitglieder klären.
Der Flugzeugführer, Oberfähnrich Hans-Joachim Marmulla, geboren am 31.11.1924 in Stettin, wurde von seinem in Berlin wohnenden Vater auf den Friedhof in Berlin-Zehlendorf überführt.
Auch der gefallene Bordfunker, der Gefreite Hermann Meier, geboren am 18.02.1924 in Eisental Kreis Bühl, wurde nach dem Krieg in seine Heimat überführt und fand dort in einem Privatgrab seine letzte Ruhestätte.
Alle drei Besatzungsmitglieder waren gerade 20 Jahre alt und der Geburtstag des Jüngsten, des Flugzeugführers, lag gerade einmal eine Woche zurück.
Angehörige konnten von uns bisher nicht ausfindig gemacht werden. Vor einigen Jahren aber erhielt ich einen Brief von einem Freund aus England. Melvin Brown war es gelungen, an ein Foto von Hans-Joachim Marmulla zu kommen.
Einige Fragen sind noch heute offen.
In der offiziellen Verlustliste wurde zunächst der Verlust mit dem 21.11.1944 angegeben. Dieses Datum aber wurde handschriftlich in 20.11.1944 umgeändert. Laut Eintrag bei der Kriegsgräberfürsorge aber ist wiederum der 21.11.1944 der Todestag.
Auch wäre es interessant zu wissen, ob die Besatzung sich mit einer überholten oder reparierten Maschine auf dem Weg nach Fritzlar befand oder die Maschine zwecks Überholung oder Reparatur zu einer Werftabteilung fliegen sollte.
Da die Maschine schon die Kennung G 9 + E R der 7. Staffel des Nachtjagdgeschwaders 1 trug, ist auszuschließen, daß die Messerschmitt Bf 110 G-4 erst der Einheit als neue Maschine zugeführt werden sollte.
Absturz eines zweimotorigen deutschen Nachtjägers
Ort: Mornshausen an der Salzböde
Datum: 20. November 1944
Uhrzeit: ca. 17.17 Uhr
Flugzeugtyp: Messerschmitt Bf 110 G-4
Werknummer: 180 404
Kennung: G 9 + E R
Motoren: 2 flüssigkeitsgekühlte Zwölfzylinder hängende V-Motoren Daimler Benz DB 605
Einheit: 7.Staffel/ Nachtjagdgeschwader 1
Startflughafen: Fritzlar ?
Besatzung:
Flugzeugführer: Ofhr. Hans-Joachim Marmulla * 13.11.1924 in Stettin Gefallen
Bordfunker: Gefr. Hermann Meier * 18.02.1924 in Eisental Krs. Bühl Gefallen
Bordmechaniker: Gefr. Franz Baum * 14.07.1924 in Oberlindewiese (Sudetenland) Gefallen
Absturzursache: Motorbrand nach Motorschaden auf Überführungsflug